Kreta Roman

Der Untergang der Minoer - Ein historischer Roman

Heike Wolff, mit Ihrem neuen Roman betreten Sie das bronzezeitliche Kreta und behandeln spannende Verschiebungen im gesellschaftlichen und politischen Gefüge des ägäischen Raums. Auch in der minoischen Palastgesellschaft selbst brodelte es zu der Zeit ordentlich. In welchem Umfeld wirkt die Hauptdarstellerin Ide, die Tochter des Archons von Phaistos?

Kreta Roman

Im Jahr 1455 v. Chr. leidet das Volk von Phaistos unter Hungersnöten und den Auswirkungen des Vulkan­ausbruchs von Thera, der Großteile der einst stolzen Handelsflotte vernichtet hat. Ide, die behütet aufgewachsene Tochter des Archons, träumt davon, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten und als Königin das Reich von Phaistos zu neuer Blüte zu führen. Sie liebt Geros, den Kapitän der Flotte, und möchte ihn heiraten, um mit gemeinsam mit ihm zu herrschen. Ein Umstand trübt Ides Glück: Ihre ältere Schwester Pareia, die Hohepriesterin von Phaistos, sät Zweifel an der Aufrichtigkeit von Geros in Ides Herz.

Welche Pläne hat der betagte Archon als Verfechter einer zweckmäßigen Allianz mit den Achäern?

Ides Vater hat andere Pläne, denn auf dem griechischen Festland sammeln sich die Achäer und wollen die Herrschaft über das Mittelmeer an sich reißen. Ide soll Agathon, den Prinzen von Pylos heiraten, um Phaistos in einer starken Allianz an die Achäer zu binden und so einem Krieg zuvorzukommen.

Wie bezieht Ide Stellung in dieser Frage?

Für Ide bricht eine Welt zusammen: Ihr Vater lässt sich nicht umstimmen, Pareia unterstützt ihn bedingungslos und sogar Geros hält den Plan angesichts der Bedrohung für eine gute Idee. Ide will um ihre Liebe und ihren Traum kämpfen, doch Geros stellt sich ihr in den Weg und hebt seine Loyalität zu Phaistos über ihre Liebe.

Eine spannende Handlung, die historisch eingebettet ist.

Die Kultur der Minoer birgt noch viele Geheimnisse. Es gibt keine für uns verständlichen Schriftzeugnisse. Alles, was wir wissen, beruht auf archäologischen Funden und Erzählungen anderer Völker, beispielsweise der Ägypter. Verschiedene Forscher vertreten unterschiedliche Hypothesen darüber, warum diese so hoch entwickelte Kultur untergegangen ist. Ides Geschichte versucht darauf eine Antwort zu geben.

Kreta Geschichte

Womit erklärt sich Ihre Liebe für das Thema Kreta?

Ich bin in der ehemaligen DDR groß geworden. Die Sagen des Herakles und die Odyssee haben schon in meiner Kindheit die Sehnsucht für das Weite und konkret auch den Wunsch geweckt, Griechenland kennenzulernen. Als ich dann nach der Wende das erste Mal nach Kreta gereist bin, haben mich dieses Land, seine Menschen und seine Geschichte verzaubert. Oder um es mit den Worten von Nikos Kazantzakis auszudrücken: Wer seinen Fuß auf diese Insel setzt, fühlt eine seltsame Kraft in die Adern dringen und die Seele weiten.

Ihrem iter vitae kann ich entnehmen, dass Sie sich auf historische Thematiken erstmals in diesem Roman eingelassen haben. Womit beschäftigen sich Ihre Kurztexte „zum Hier und Jetzt“?

Diese Texte sind so bunt wie das Leben. Von literarisch aufbereiteten Reiseerlebnissen, natürlich aus Griechenland, bis hin zu politischen und gesellschaftskritischen Texten wie der Geschichte einer Frau, die von ihrem Mann misshandelt wird, oder über die Bundestagswahl ist alles dabei. Ein sprudelnder Quell sind auch die Erlebnisse meiner inzwischen 86jährigen Mutter und ihre Sicht auf unsere moderne Welt.

Inwieweit spielen in Ihrer schriftstellerischen Arbeit auch autobiografische Hürden eine Rolle, die Sie zu überwinden versuchen?

Mein Schreiben dient nicht vordergründig der Bewältigung persönlicher Themen. Dennoch schwingt in jedem Text eigenes Erleben, eigenes Fühlen mit, auch in meinem Minoer-Roman. Ich bin eher eine Schriftstellerin, die eine gewisse Distanz zu ihren Protagonisten wahrt. Sie sind kein Alter Ego, sie sind ein wenig wunderliche Bekannte oder im besten Fall gute Freunde. Meine Intention ist es, den Leser zu unterhalten, ihm eine gute Zeit zu bereiten und ihm vielleicht einen neuen Blick auf ein Thema zu öffnen.

Zurück zu Ide. Die Rahmenerzählung schildert, wie Ide als alte Frau im Exil einem Kapitän ihre Lebensgeschichte erzählt, um eine letzte Passage nach Kreta zu erhalten. Wie kam es zu diesem Exil?

Rein schriftstellerisch mag ich es, wenn eine Icherzählerin wie Ide einen Grund hat, ihre Lebensgeschichte zu erzählen und diese nicht losgelöst einfach so im Raum steht. Außerdem bot die Retroperspektive, die Erinnerung an ihr Leben die faszinierende Möglichkeit, die alte Ide ihre Erlebnisse als junge Frau werten zu lassen. Was dazu geführt hat, dass sie in Nordafrika sehnsuchtsvoll aufs Meer hinaus nach Norden schaut, das müssen die Leser allerdings selbst herausfinden.

Das Interview führte Christian Leeck.
Wuppertal, im Oktober 2022.

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