Historischer Roman über den Sturz Babylons veröffentlicht

Historischer Roman über den Sturz Babylons veröffentlicht

Frau Siwik, mit Ihrem neuen Roman „Die Witwe aus Betulia“ beziehen Sie sich auf die Zeit der Gefangenschaft der Judäer in Babylon, im 6. Jahrhundert vor Christus. Was ist das Anliegen Ihres Romans?

Der Roman beinhaltet Ereignisse, wie sie sich zu allen Zeiten zugetragen haben könnten: Hass, Belagerung, Kämpfe, Verschleppung, aber auch Opferbereitschaft, Mitgefühl und Mut zum Neubeginn sind Gegenstand des konfliktreichen Geschehens. Jehudit – eine einfache Frau aus dem Volk – steht für die vielen Namenlosen, deren Selbstlosigkeit anderen Menschen im Verlauf kriegerischer Auseinandersetzungen das Leben rettete. Es ist daher mein Anliegen, dem Leser zu vermitteln, dass es oftmals ‘die Kraft der Schwachen’ ist, die ein Geschehen zum Guten wendet.

Welche Wendepunkte im Hinblick auf die siegesbewusste Stellung des Großreichs Babylons kann der Leser erwarten?

Wendepunkte in der Politik entwickeln sich aus der Stärke bzw. Schwäche einer Staatsführung. In dieser Geschichte geht um die Schwächen Babylons, die sich aus der Unfähigkeit und Über­heblichkeit der Regierenden er­geben. Das mobilisiert unter­schwellig starke Kräfte wie die der Priesterschaft Bab-Ilus, die das Staatsruder einem anderen in die Hände spielen, in diesem Fall König Kyros II. Zum anderen erzeugt die Unterdrückung anderer Völker durch eine Großmacht irgend­wann Wider­stand, der sich jeder Kon­trolle entzieht und oft dort aus­bricht, wo man ihn am wenigsten erwartet, im Fall Babylons eben in Betulia, einem unbedeutenden Berg­städtchen des unterjochten judäischen Volkes.

Wie bewerten Sie die Handlungen, die Jehudit als junge Frau im Kontext der judäischen Gesellschaft und Traditionen vollzieht?

Zur damaligen Zeit war ihr Vorgehen unerhört. Aufgabe der Frau war es, Hüterin des Hauses zu sein – selbstverständlich unter der Führung des Mannes. Man erwartete von ihr Opferbereitschaft und Gehorsam, keinesfalls aber duldete man Einmischung in öffentliche Angelegenheiten oder gar – wie im vorliegenden Fall – das Ergreifen persönlicher und dazu noch politischer Initiative. Letztendlich konnte Jehudit ihr Vorhaben ja auch nur in Angriff nehmen, indem sie die Vorsteher Betulias ‘hinterging‘ und weil sie – das ist nicht zu unterschätzen – Witwe war, also nicht unter der Oberhoheit eines Mannes stand. Da ihre Rettungstat von Erfolg gekrönt war, wurde sie letztendlich als Heldin betrachtet. Ich wage nicht zu hinterfragen, was man über sie im Fall des Misserfolges gesagt hätte!

Welche Rolle spielt die Erzählung der Wegführung und der Rückkehr der Judäer aus der babylonischen Gefangenschaft sowie des Wiederaufbaus von Jerusalem in der Gesamthandlung?

Die Wegführung und Rückkehr der Judäer sind eine Art Rahmenhandlung, ein Hintergrund, auf dem vieles, was im Verlauf dieser Geschichte geschieht, erst verständlich wird. Der Wiederaufbau Jerusalems ist dann der tröstende Abschluss einer dunklen Zeit in der judäischen Geschichte.

Worin liegt für Sie als Autorin der persönliche Reiz dieser Geschichte begründet?

Ich habe bereits in jungen Jahren die ‘Apokryphen Schriften‘ wie ein Abenteuerbuch gelesen und diese junge Frau begeisterte mich. Später benannte ich daher auch eine meiner drei Töchter nach ihr. Jehudit nahm sich als Frau ihrer Zeit die Freiheit zu handeln – aus Einsicht in die Notwendigkeit.

Wird der Ruhm der Jehudit eines Tages in die Anonymität verschwinden?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Jehudit ist keine historisch verbürgte Person wie etwa Nabû-kudurri-usur (Nebukadnezar) oder Kūruš (Kyros). Ein Oratorium, ein Drama und eine Oper sind ihr gewidmet worden. Wer kennt heute noch die Verfasser? Werden die Werke noch aufgeführt? 

Andererseits: Kann, was über 2500 Jahre erhalten blieb, eines Tages verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen?  Dazu muss sich der Leser eine eigene Meinung bilden!

Das Interview führte Christian Leeck.
Wuppertal, im September 2023

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